Dreharbeiten bei der Hauptprobe

Nun also mal Tanztheater! So oft habe ich das noch nicht gesehen, aber gerade für einen Kameramann bieten sich hier tolle Einstellungen. Ich habe für das Stadttheater Fürth in den letzten vier Jahren viele Produktionen gedreht, von der Oper über das Schauspiel bis hin zum Kindertheater.

Zum Theaterkritiker werde ich aber wohl nicht mehr, obwohl ich durch diese Jobs regelmäßig die unterschiedlichsten Inszenierungen sehen darf. Ich kann nach den Stücken selten eine Einschätzung geben, wie es war. Ich bin einfach zu sehr mit den Filmaufnahmen beschäftigt. Erst beim Schnitt bekomme ich ein Gefühl für Tempo, Dramatik und Zusammenhänge, erkenne ich Stärken oder Schwächen der Schauspieler und der gesamten Inszenierung. Bei den Dreharbeiten bin ich zu sehr auf Aktionen und Interaktionen, Bewegungen, Dialoge, Auftritte und Abgänge fixiert, verfolge alles durch den Sucher meiner Sony EX3 und konzentriere mich auf Einstellungsgrößen, Bildausschnitte und lauere auf entscheidende Momente auf der Bühne. Da ist der Blick für das große Ganze erst ein mal zweitrangig.

Deswegen freue ich mich immer auf die Einspielung des Materials. Wenn ich mich, an meinem Schnittplatz angekommen, zurück lehnen kann und das erste mal das Stück in voller Länge betrachte. Ich drehe immer das ganze Stück. Das Stadttheater möchte in erster Linie eine Dokumentation von mir haben, für Wiederaufnahmen und Gastspiele. Aus dem gedrehten Material schneide ich dann aber auch noch einen etwa 5-Minuten langen Clip, der auf der Internetseite des Theaters zu sehen ist, verwende dazu auch immer wieder ein Interview mit dem jeweiligen Choreografen, Regisseur oder Darsteller, und produziere meistens noch einen kurzen 1-Minüter für den Infoscreen im Foyer des Theaters.

Der Schnitt ist immer wieder ein Kompromiss. Welche Szenen müssen mit rein, welche fliegen raus? Ich muss mich oft von schön gedrehten Passagen verabschieden, weil sie vom Schnitttempo nicht passen, der Bildausschnitt nicht zum bereits verwendeten passt und der Anschluss technisch unmöglich ist oder einfach die Geschichte nicht erzählt und trägt.

Ich mag diesen Job aber gerade deswegen sehr gerne. Selbstverständlich muss man auch eine hohe Affinität zum Theater mitbringen. Da ich ja meistens bei Hauptproben und Generalproben drehe, bekomme ich auch immer ein bisschen Theateratmosphäre mit. Man spürt die Anspannung des Teams und des Ensembles, die sich nach der Probe hin und wieder mal entlädt. Da bin ich dann froh, nicht im Rampenlicht zu stehen und alles nur durch meinen Sucher betrachten zu können.

Im Nachhinein muss ich aber sagen: „Diamonds and Roses“ ist eine tolle Aufführung. Ich mag die fließenden Bewegungen der Tänzer zur Musik, das hat etwas Meditatives. Theater hat für mich immer auch mit Entspannung zu tun. Und das Ergebnis kann sich glaube ich auch sehen lassen: http://www.stadttheater.de/diamondsandroses
Vielleicht werde ich mir auch privat mal wieder ein Tanztheaterstück ansehen.