Jochen Schölch ist Gründer des Münchner Metropoltheaters und erhielt 2003 den Bayerischen Theaterpreis. Mehrfach wurde das Metropol von der Zeitschrift „Theater heute“ zum Theater des Jahres erklärt.

Ein hochspannendes Publikumsgespräch fand am gestrigen Sonntag vormittags um 11.00 Uhr im Foyer des Stadttheaters statt. Zur anstehenden Premiere von „Pinocchio“ erläuterte Regisseur Jochen Schölch sein Inszenierungskonzept und stellte sich den Publikumsfragen.

Eines wurde sehr schnell deutlich:

Von der süßen, fröhlichen, abenteuerlustigen Holzpuppe, deren Bild ohnehin hauptsächlich von der Zeichentrickserie – produziert vom japanischen Studio Nippon Animation – und Walt-Disney-Zeiechentrickfim geprägt wurde, bleibt bei der Inszenierung nichts übrig. Jochen Schölch und sein Ensemble beziehen sich vielmehr auf die ursprüngliche Geschichte des italienischen Autors Carlo Collodi.

Collodi veröffentlichte seinen Pinocchio 1880 als tägliche Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift „Giornale per i bambini“. Und in dieser Geschichte war weit und breit nichts zu lesen von einer heilen Welt. Collodi selbst lebte in einer Zeit, die von Armut, Hunger und Kriminalität geprägt war. Zu seiner Zeit arbeiteten Kinder bereits mit vier Jahren.  Und so gab es für den Pinocchio der Fortsetzungsgeschichte kein Happy-End und er fand den Tod. (Nebenbei bemerkt führte das seinerzeit zu empörten Leser-Beschwerden, so dass Collodi nachbesserte und Pinocchio durch eine gute Fee wieder zum Leben erwecken ließ.)

All das spiegelt sich in der Bearbeitung des Stoffes wider. Dieser Pinocchio wird mit schwarzer Pädagogik erzogen, die Strafe als einzig wirksame Maßnahme ansieht. Eine Pädagogik, die Impulse unterdrücken muss und das Kind bändigt. Ein abgerichteter Mensch ist das Ergebnis.

Dieser ungemein spannende Blick auf einen Stoff, den man doch zu kennen glaubte, setzt Regisseur Jochen Schölch mit aufwändigen Theatermitteln in Szene: Illustrationen, Projektionen, Masken, Marionetten ferngesteuertes Spielzeug ergeben eine wunderbar poetische Arbeit. Die brüchige Musik von Martyn Jacques (»The Tiger Lillies«), die das Stück über weite Teile begleitet und trägt, lässt einen tiefen Blick in die Seelen der Figuren zu.

Ein enorm spannender und konzentrierter Start in die neue Spielzeit steht da offensichtlich bevor.