Interview mit der Bühnenbildnerin Maria Pfeiffer zu „Der unvergessene Mantel“
05 Dienstag Jul 2016
Geschrieben von Katharina Largé in Allgemein, Kinder-/Jugendtheater
Was hat Sie an dem Buch „Der unvergessene Mantel“ angesprochen?
Mir hat die Illustration innen gleich gefallen. Diese Idee, das Buch als Schulheft erscheinen zu lassen, in das Dschingis seine Fotos eingeklebt hat, gefällt mir. Grundsätzlich mag ich die Idee mit den Polaroid-Aufnahmen und der Verschränkung der Wirklichkeiten sehr. In der Fremde die Heimat entdecken und sie sich durch ein KLICK vertraut machen. Und für Julie: Dadurch die eigene Welt neu entdecken. Es ist dieses Spiel, Realität und Fiktion zu vermischen, um das es im Theater eigentlich immer geht. Dadurch, dass die Fotos oft an den Stellen im Buch auftauchen, an denen es um die Mongolei geht, wird uns automatisch suggeriert, wir sähen Fotos aus der Mongolei. Wir glauben es einfach. Genau mit diesem Effekt spielt das Theater auch: Man kann alles behaupten und in dem Moment wird es auf der Bühne zur Wahrheit, es wird geglaubt.
Wie war Ihr Arbeitsansatz?
Inhaltlich haben mich vor allem 2 Gegensatzpaare beschäftigt:
Enge – Weite: Dies kam vor allem aus der Beschäftigung mit der Mongolei. Ich fand es sehr faszinierend, dass in dieser Weite des Landes die Behausung von genau dem Gegenteil geprägt ist: von der Enge. Drinnen eng und bunt, draußen weit und viel Himmel.
Vertrautes – Fremdes: Hierum geht es sowohl für die Jungs aus der Mongolei als auch für Julie. Dschingis versucht, sich mit der Kamera die Fremde vertraut zu machen. Und gleichzeitig den „Fremden“ in Bootle dadurch seine Heimat, die Mongolei, näher zu bringen. Er und sein Bruder, sie wollen am liebsten sofort zu „ganz normalen Jungs“ werden, um sich vor dem Dämon zu verstecken. Fremde bedeutet für sie auch Gefahr. Gleichzeitig spielen sie auch mit dem Aspekt, dass sie exotisch sind für die anderen mit ihren Mänteln und Fellmützen.
Julie ist wahnsinnig fasziniert von der Fremde. Ihre Welt wird viel größer durch die Begegnung mit Dschingis und Nergui. Sie schaut das erste Mal über ihr vertrautes Umfeld hinaus. Das Vertraute, das ist für sie vor allem die Schule und Bootle, wo sie aufgewachsen ist. Das geht unserem Publikum ähnlich: Sie kennen sehr gut den Lebensraum Schule und ihre Wohnumgebung: Großraum Fürth.
Die Gegensatzpaare habe ich im Bühnenbild aufgegriffen.
Was war eine besondere Herausforderung bei diesem Stück?
Die Herausforderung ist ganz klar der Raum: das Kulturforum. Er ist nicht darauf ausgelegt, darin Theater zu spielen, auch wenn er oft dafür genutzt wird. Die Säulen sind einfach immer irgendwie „im Weg“ und behindern die Sicht der Zuschauer. Es ist ein sehr atmosphärischer Raum, was natürlich toll ist. Manchmal ist er allerdings fast zu stark und markant. In jedem Fall muss man ihn im Gestalten des Bühnenbildes grundlegend mitdenken. Er hat auch noch weitere Tücken: Man darf zum Beispiel nichts im Holzboden verankern, was für einen Bühnenraum sehr ungewöhnlich und schwierig ist.
Was für eine Rolle spielen die Fotos von Dschingis im Bühnenbild?
Die Polaroid-Fotos von Dschingis treten in 3 Formen auf: Als tatsächliche Polaroids zum Anfassen, als Polaroid-Projektion und als raumgreifende Projektionen der „Landschaften“. Diese Transformation zum Ende hin führt uns mit den 3 Jugendlichen quasi von der Schule und dem Betrachten mitten hinein in das Geschehen und die „fremden“ Landschaften.
Warum haben Sie sich dagegen entschieden die Fotos aus dem Buch zu nehmen?
Wir wollten die Mongolei noch etwas näher an unsere Zuschauer heranholen und ihnen selbst die Möglichkeit geben, ihre vertraute Umgebung neu zu entdecken. Mehr wird allerdings nicht verraten…
Was gefällt Ihnen besonders an dieser Inszenierung?
Bisher ist die Inszenierung ja noch nicht fertig. Aber ich freue mich, auf diese Frage nach der Premiere viele Antworten zu bekommen!
Maria Pfeiffer, 6.6.16