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Schon im April feiert die erste Bürgerbühnen-Produktion „Utopie am Ende der Flüsse“ des Jungen Ensemble Premiere. Auch in dieser Spielzeit verlässt das Ensemble die klassische Theaterbühne und erarbeitet eine Performance im öffentlichen Raum. Zur Premiere am 6. April haben wir uns mit der Spielleiterin Meriel Brütting zusammengesetzt und ein bisschen über die Arbeit gesprochen.

Wie kamst du zum Theater? Was ist deine künstlerische Biografie?

Also eigentlich wollte ich von Anfang an Theater spielen, ab der Grundschule wusste ich: Ich möchte Schauspielerin werden! Meine Mama ist Sängerin, deswegen war immer schon ein Bezug zu einem künstlerischen Beruf da. In Neustadt an der Aisch habe ich nach Theatermöglichkeiten gesucht. Beim „Jungen Landestheater Bayern“ war ich dann einen Sommer lang. Nachdem Sommer bin ich nach Fürth gekommen und war dann Mitglied der 1. Jugendclubgeneration die es hier gab. Das war super! Ich durfte mal richtig Theater spielen. Mit Vorsprechen an diversen Schauspielschulen habe ich es später auch versucht, was für mich aber nicht geklappt hat. Über Johannes Beissel (Theaterpädagoge am Stadttheater) habe ich dann von „Theater Total“ gehört, ein ein jähriges Theaterprojekt in Bochum. Da habe ich mitgemacht. Wir lernten in den ersten drei Monaten so gut wie alles, was es am Theater zu lernen gibt. Stimme, Körper, Dramaturgie, Bühnenbild, Öffentlichkeitsarbeit und noch so viel mehr. Als Abschlusspräsentation mussten wir selber eine Inszenierung vorbereiten, die wir drei Monate in den verschiedensten Orten in Deutschland gespielt haben. Nach dem Jahr, war ich erstmal in Asien für neun Monate. Dann habe ich die FOS gemacht. Während der FOS habe ich dann den Studiengang in den Niederlanden gefunden, habe dort vorgesprochen und wurde genommen. Vier Jahre habe ich dort praktische Theaterarbeit studiert. Seit zwei Jahren bin ich jetzt Berufsanfängerin und wieder hier. Und mit den Leuten von „Theater Total“ habe ich dann die Abschlusspräsentation entwickelt und bis heute bilden wir das Theaterkollektiv Berlocken. Jetzt schlage ich mich allmählich durch und bin freiberuflich unterwegs, was ich auch sein möchte, weil es mir die Möglichkeit gibt intensive Projekte zu beginnen, die ich nicht machen könnte, wenn ich fest angestellt wäre.

Wieso habt ihr euch für den Zusammenfluss von Pegnitz und Regnitz im Wiesengrund entschieden? Standen auch andere Orte zur Auswahl?

Es war klar, dass wir im öffentlichen Raum spielen. Wir sind einfach losgegangen und haben Orte gesammelt. Die Spieler konnten Orte vorschlagen, die sie bespielen wollten. Zum Schluss haben wir ein Best-Of erstellt, sind an die einzelnen Orte hin und haben dort einfach mal geprobt. Wir haben geschaut, wie der Raum uns inspiriert. Wir haben kreative Schreibsessions gemacht, in welchen wir einfach den Stift auf Papier gepackt haben und fünf Minuten intensiv durch geschrieben haben. Wir waren auf der Dachterrasse der Bibliothek, im CityCenter, am Badehaus und eben am Zusammenfluss. Gleichzeitig haben wir auch auf einer anderen Ebene gesucht. Ich wollte gerne mit dem arbeiten, was mir die Spieler zuwerfen, weil ich den Impuls, hatte eine Zusammenarbeit zu wagen, vor allem, weil wir uns alle ungefähr im gleichen Alter befinden. Und dann haben wir einfach mal Themen gebrainstormt. Da ging es eben viel um existentielle Fragen: Was will ich? Warum überhaupt? Für was entscheide ich mich? Aus diesen ganzen Einwürfen, hat dann der Zusammenfluss als Ort einfach am besten gepasst. Es sind wortwörtlich zwei Dinge zusammengekommen. (lacht)

Bei Performances im öffentlichen Raum muss bestimmt mehr gemacht werden, als sich nur einen schönen Spielort aussuchen. Wie war der Weg von der Idee bis zur Premiere?

Ja, das war bis zum Ende sehr spannend, denn ob wir vom Grünflächenamt und Ordnungsamt die Genehmigungen bekommen, stand lange nicht fest. Wenn wir am Zusammenfluss geprobt haben, waren wir nun mal wie alle anderen einfach da. Viele Mitarbeiter des Hauses haben uns geholfen und haben zusammen an einem Strang gezogen. Wir haben viel Halt und Unterstützung vom Theater bekommen. Allerdings fällt dann schon auf, wenn man mal da ist und probt, dass einem nun mal die Infrastruktur fehlt. Jetzt haben wir ein Auto, in dem wir alles lagern können. Flexibel sein ging davor nicht so gut. Da musste immer alles mit nach Hause.

Jetzt mal eine ganz einfache Frage, die bei euch aber bestimmt auf spannende Antworten stößt: ihr probt bereits im Freien, der Zusammenfluss ist öffentlich und Menschen sind schon die ganze Zeit um euch herum – wie laufen die Proben ab? Sind die Menschen neugierig, fragen sie, was ihr da macht? Gab es blöde Blicke oder Kommentare? Wie geht ihr damit um?

Die Werbung geht von selber. Wir haben Flyer da und die Leute sind schon sehr neugierig. Wir hatten schon die verschiedensten Situationen. Eine Gruppe von 25 Leuten war mal zur gleichen Zeit da wie wir. Anfangs hatten wir uns nur besprochen und als es dann ans Proben ging, haben wir die Leute erstmal nur gebeten, die Fahrräder wegzuräumen, damit wir am Steg trainieren konnten. Ansonsten haben wir gesagt, dass sie gerne da bleiben und zuschauen können. Die wussten ja somit Bescheid. Dann probten wir eine Gruppenszene und haben es tatsächlich geschafft, diese riesen Gruppe dazuzubekommen, sich zu interessieren. Die waren voll am Start. Das war für uns alle, vor allem für die Spieler, ein Erfolgserlebnis, weil sie mit ihrer Präsenz überzeugt haben. Leute die von sich aus meinten, sich nicht für Kunst zu interessieren, standen dann da und haben uns gebannt zugehört. Das war super schön zu sehen. Ich glaube das liegt auch am Ort. Der zieht die verschiedensten Menschen an, und naja, wir sind da jetzt auch. Bis jetzt hat’s tatsächlich immer gut geklappt.

Eure Uraufführung heißt „Utopie am Ende der Flüsse“- Was bedeutet für dich persönlich Utopie? Oder für die Anderen? Gibt es Utopien?

Ich war lange mit diesem großen Wort „Utopie“ am Kämpfen. Auf unserem Flyer stehen jetzt Synonyme für das Wort „Utopie“, die ich nachgeschaut habe. Da gibt’s die verschiedensten Begriffe. Das war total treffend, weil alles da drin irgendwie in unserer Produktion, in dem was wir machen, vorkommt. Ja, in irgendeiner Form gibt es sie bestimmt, aber das geht jetzt zu weit vom Thema ab, das genau zu erklären, wäre jetzt wahrscheinlich zu viel….(lacht)

Die Texte sind alle selber geschrieben, es gab keine Textvorlage. Welche Chancen und Schwierigkeiten entstehen wenn ihr als Gruppe selber zum Verfasser werdet?

Es war keine Struktur da, an der man sich festhalten konnte. Klar, man schreibt was und lässt sich inspirieren, aber was macht man damit auf der Bühne? Wie setzt man das um? Es gibt keinen größeren Kontext, der einem etwas vorschreibt oder einen Autor der sich bereits was dabei gedacht hat. Das heißt, die Herausforderung bestand darin, dass wir das für uns selber herausfinden mussten. Und eine Chance war, dass wir sehr persönlich werden durften. Alles was wir erzählen, hat direkt was mit uns zu tun, kommt direkt von uns. So schaffen wir es hoffentlich, authentisch zu werden.

Welche Fragen wirft eure Produktion auf? Und welche Antworten bekommt der Zuschauer? Bekommt er überhaupt welche?

Es werden definitiv viele Fragen gestellt. Ich weiß zwar nicht, ob wirklich Antworten gegeben werden, aber die Zuschauer werden mit Denkanstößen in Richtungen ausgestattet, die Antworten enthalten könnten.

Ein großes TOI TOI TOI an das Team und alle Beteiligten!