Share it

„Ich vergesse die Gesichter meiner Opfer“ wiederholt sich Schahriyar,
der Herrscher einer Stadt im Orient, während des zweieinhalb stündigen
Theaterstücks. Und irgendwie vergisst man im Verlauf des Stückes auch,
dass man einer spannenden Geschichte beiwohnt.

Jede Nacht wird eine jungfräuliche Sklavin Opfer seiner Lust und seines
Sadismus. Bis sich die Tochter des Wesirs dagegen auflehnt und ihren
Peiniger mit einer unendlichen Geschichte, welche die Vergangenheit
wiedergibt, davon abhält sich an ihr zu vergehen.

Zum Glück hatte das Theater einen Eingang, den sonst hätten wir gar
keinen Zugang zum Stück gefunden.
Das textlastige Stück spannte die Geduld der Zuschauer auf eine harte
Probe, da die lange Vorführungsdauer suboptimal genutzt wurde.

Sich langziehende, monotone Dialoge, undeutliches, leises Sprechen sowie
erdrückend viele Wortspiele und Metapher trugen maßgeblich dazu bei,
dass man sich von der Handlung leider nicht berührt gefühlt hat.

Will man im Theater eigentlich eine dargestellte Vergewaltigung sehen?
Auch wenn die Szene sehr überzeugend dargestellt wurde, mussten doch
einige Zuschauer bei diesem Einstieg schlucken. Der packende Beginn war
unserer Meinung nach schon der Höhepunkt, da die Handlung danach nur
noch so vor sich hin plätscherte und in ein offenes Meer führte.

Viele liebevolle Details, die im Bühnenbild anfangs noch nicht zu
erkennen waren, überraschten im Verlaufe des Stücks, ebenso wurde das
Spiel mit den Todes-Symbolen geschickt eingesetzt: Das märchenhaft
geglaubte Himmelbett wandelte sich bei genauerem Hinsehen in ein Gerüst
aus Knochen und blutverschmierten Vorhängen, mumifizierte Leichen,
welche die nächtlichen Opfer immer wieder ins Gedächtnis riefen, hingen
von der Decke oder der Brunnen, der blutig vor sich hin sprudelte.

Die ausgezeichnet eingesetzte musikalische Untermalung blieb im
Gedächtnis, ebenso wie die Bühnenbeleuchtung, welche passend zur Stimmung düster und grausam wirkte.

­
Überzeugend war die schauspielerische Leistung der Nebenfigur Bizeban,
ein stummer und fingerloser Sklave, welcher zeigte, dass Theater weder
Worte noch Hände braucht, um einen Charakter gut darzustellen.

Es war in gewisser Weise ein einmaliger Abend, jedoch bedarf es keiner
Wiederholung.

Anna Keller und Nadine Deme, Helene-Lange-Gymnasium Fürth